Man sagt, daß die Zeit vergeht. Dieses Verständnis der vergehenden Zeit entspringt aber m. E. aus der reflexiven Umwendung unseres retrospektiven Blicks auf die „schon vergangene Zeit”, die ihrerseits in der Erfahrung der Kluft zwischen der menschlichen Bedeutungswelt und der transzendenten Naturordnung sich konstituiert. Augustinus sagt im XI. Buch seiner Confessiones: „Es gebe nicht drei Zeiten, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sondern drei Zeiten, die Gegenwart von Vergangenem, die Gegenwart von Gegenwärtigem und die Gegenwart von Zükunftigem”, er betont aber auch, daß diese so bezeichnete „Ausdehnung der Seele (distentio animi)” sich selber im personalen Verhältnis zur „Erhabenheit Deiner immer gegenwärtigen Ewigkeit” als wesenhaft “in die Vergangenheit übergehendes” befindet. In dieser Abhandlung wird versucht, das personale Verhältnis zum „Du”, mit dem der Gott in der jüdisch-christlichen Tradition angeredet wird, als Fundament der menschlichen Zeitkonstmktion aufzuzeigen. Die personale Differenz, nämlich die Dynamik der auseinander- und zueiandertretenden Personalitaten, ist, der ursprüngliche Ort, wo die Zeit vergeht.